Ergebnisse der Klimakonferenz COP29 in Baku
Die Klimakonferenz in Baku wurde bereits im Vorfeld als Finanz-COP bezeichnet und die Ergebnisse der Verhandlungen zu neuen Finanzierungszielen und -zusagen, gebündelt unter dem Begriff NCQG (New Collective Quantified Goal) mit Spannung erwartet. Das Ergebnis ist mit 300 Mrd. USD enttäuschend und bleibt weit hinter den von Experten als notwendig genannten 1,3 Billionen USD jährlich zurück. Auch andere Verhandlungen zeigten sich zäh. Die Verhandlungen zu Technologieentwicklung und -transfer fokussierten vor allem die Ausgestaltung des „technology implementation programme“.
Deutlich sichtbar war der Einfluss nationaler und internationaler geopolitischer Entwicklungen, vor deren Hintergrund die COP29 in Aserbaidschan stattfand. Da war zum einen die Tatsache, dass die Klimakonferenz erneut in einem Land stattfand, das einen Großteil seiner Wirtschaft auf der Erdöl- und Erdgasförderung aufbaut. Dann waren da die US-Präsidentschaftswahlen zwei Wochen vor der COP, die die Erwartungen an internationale Ambitionen insbesondere zu Finanzierungszusagen enorm dämpften. Zäh wurden die Verhandlungen aber auch durch offensichtliches Blockieren wesentlicher Fortschritte durch einzelne, meist öl- und gasreiche Staaten, in verschiedenen Räumen. Es zeigte sich mehrfach schwierig, die historische Entscheidung des UAE-Consensus der COP28 in Dubai mit dem gemeinsamen Bekenntnis zu „einer Abkehr von fossilen Energieträgern“ und den elementaren Zielen der Verdreifachung von Erneuerbaren sowie Verdopplung von Energieeffizienz, auch nur zu zitieren.
Nichtsdestrotrotz – einige wichtige Ergebnisse im Detail:
1. Das NCQG (New Collective Quantified Goal) für Klimafinanzierung
Die Staatengemeinschaft einigte sich auf einen Aufruf an öffentliche und private Quellen, die jährliche Klimafinanzierung auf 1.3 Billionen USD jährlich bis 2035 (von aktuell 100 Mrd. USD) zu 13x fachen. Das entspricht dem Bedarf an Finanzierung sowohl für Minderung als auch Anpassung laut den Experten des IHLEG (Independent High Level Expert Group on Climate Finance). Neben dem gut gemeinten Aufruf, wurde sich auf ein konkretes Ziel von 300 Mrd. USD jährlich ab 2035 geeinigt. Neu ist außerdem: Die Geberbasis, welche bisher nur entwickelte Länder (nach der Klassifizierung in Annex 1 und Nicht-Annex 1 Länder unter UNFCCC) zur Bereitstellung von finanziellen Mitteln umfasste, wurde erweitert und alle Länder dazu aufgerufen, beizutragen. Auch werden neben öffentlichen nun auch private Mittel miteinbezogen. Dieser Beschluss zur Erweiterung der Geberbasis war hart umkämpft und eine zentrale Forderung der EU vor dem Hintergrund, dass Länder wie China heute wirtschaftlich deutlich stärker dastehen als zu Zeiten der Klassifizierung der Länder unter UNFCCC. Der Beschluss wurde insbesondere von LDCs (Least Developed Countries) und SIDS (Small Island Developing States) als vollkommen unzureichend kritisiert. Die neue Definition der Geberbasis inkl. aller Länder und privater Mittel, bietet Spielraum für neues Schönrechnen der Zahlen, aber auch für stärkere Forderungen an alle Beteiligten und damit Potenzial.
2. Artikel 6: Kohlenstoffmärkte
Auf der COP29 in Baku wurde mit der Operationalisierung der marktbasierten kooperativen Umsetzungsmechanismen gemäß Artikel 6.2 und 6.4 des Pariser Abkommens ein wichtiger Durchbruch erzielt. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die Parteien schließlich auf die Modalitäten für die Einrichtung der Kohlenstoffmärkte des Abkommens. Der neue Rahmen soll sicherstellen, dass die Marktaktivitäten zu einer allgemeinen Verringerung der globalen Emissionen führen und gleichzeitig die Bestimmungen zu Umweltschutz, Überwachung und Berichterstattung einhalten. Es wird erwartet, dass diese Operationalisierung den Fortschritt bei der Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens auf kosteneffiziente Weise unterstützt.
3. Weitere Ergebnisse
Zu den weiteren Erfolgen gehörten die Ausweitung des Arbeitsprogramms zur Gleichstellung der Geschlechter, die Bereitstellung von Leitlinien für die Festlegung von Indikatoren für das globale Anpassungsziel (GGA), die Annahme von Vereinbarungen mit dem Fonds für Verluste und Schäden und die Ausweitung des Mandats für die Plattform für lokale Gemeinschaften und indigene Völker.
Mehrere kritische Fragen blieben jedoch ungelöst, darunter der Dialog über die Ergebnisse der globalen Bestandsaufnahme. Hier war unter anderem die EU nicht bereit, den schwachen Entscheidungstext, der fossile Energieträger und die Minderungsmaßnahmen von Dubai gar nicht mehr ansprach, zu akzeptieren und somit ein klares Bekenntnis zu den Erfolgen des letzten Jahres als unabdingbar machten. Auch das Just Transition Work Programme fand unter zahlreichen Streitpunkten keine Einigung auf dieser COP.
4. Technologie
Die Technologieverhandlungen verliefen schleppend, dennoch konnte sich zu drei der vier Tagesordnungspunkte auf Beschlüsse geeinigt werden.
Der Gemeinsame Jahresbericht des TEC und des CTCN wurde insbesondere aufgrund der Policy Briefs des TEC zur Möglichkeit der Aufnahme von Industriesektoren mit schwer zu vermeidbaren Emissionen (v.a. Stahl und Zement) in die NDCs und der Formulierung „alle Geschlechter (all genders)“ in einem policy brief zu gendergerechten Technologien und Infrastrukturen für urbane Mobilität stark kritisiert. Dabei ist anzumerken, dass das TEC mehrere Mitglieder auch aus nun kritischen Ländern hat und die Policy Briefs gemeinsam finalisiert wurden. Der gemeinsame Jahresbericht wurde daher in der Entscheidung weder begrüßt noch zur Kenntnis genommen. Jedoch enthält die Entscheidung wichtige Punkte zum Review-Prozess des CTCN, welche zeitlich vorverlegt wird um den nötigen Auswahlprozess für die zukünftige aufnehmende Einrichtung des CTCN Sekretariats zu streamlinen. Das Sekretariat, derzeit bei UNEP angesiedelt, muss in 2026 neu ausgeschrieben oder verlängert werden.
Der Beschluss zum Strategieprogramm von Posen sieht vor, eine abschließende Evaluierung des Programms vornehmen zu lassen, deren Ergebnisse in die Ausgestaltung des „technology implementation programme“ einfließen sollen. Das Programm von Posen war lange Jahre ein wichtiges Element, durch das GEF Gelder explizit für Technologietransfer und Entwicklung bereitgestellt hat. Da jedoch bereits seit 2014 keine Gelder mehr ausgegeben werden und einzelne Aktivitäten nur noch aufgrund von Formalitäten unabgeschlossen sind, erscheint der Abschluss der Verhandlungen hierzu dringend. Die Tatsache, dass das Thema noch immer verhandelt wird, hat vermutlich tiefere Gründe: Ein exklusiver Zugang zu Geldern „nur“ für Technologiethemen besteht mit Abschluss des Programms nicht mehr und auch wenn Technologiethemen im Finanzmechanismus insb. GEF und GCF als Mainstream sämtliche Förderbereiche durchdringen, wird das frühere Privileg nur ungern gehen gelassen. Außerdem förderte das Programm insbesondere die Erstellung der TNA (Technology Needs Assessments), welche mittlerweile über 100 Länder abgeschlossen haben. Sie sind ein elementares Tool, um nationale Technologieprioritäten und Bedarfe zu identifizieren – doch der nächste Schritt, die Adressierung der Bedarfe und die Implementierung bieten weiterhin massive Herausforderungen.
Zur Verknüpfung des Technologie- mit dem Finanzierungsmechanismus (Linkages) konnte keine gemeinsame Entscheidung gefunden werden, jedoch ist es ein Fortschritt, dass mehrere Verhandlungsparteien zunehmend die Weisungsmöglichkeit in den Finanzräumen nutzt und dies nicht mehr über den Technologieraum versucht wird.
Technology Implementation Programme (tip): Die Forderungen bezüglich der Ausgestaltung des tip sind vielfältig. Wichtig ist vor allem, dass das neue Programm nicht die bestehenden Institutionen des TEC und CTCN in ihrer Funktionsweise untergräbt. Stattdessen sollte es die Institutionen in ihrer Arbeit stärken. Die Evaluation der Funktionen des CTCN könnten in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig sein, um die Funktionsweise mit Hilfe des Technologieimplementierungsprogramm zu verbessern. Kein Konsens besteht derzeit jedoch in der konkreten Ausgestaltung des tip. Einige Parteien sind gegen eine Zitierung der Ergebnisse und Forderungen des UAE Consensus aus Dubai, welche konkrete Forderungen zu Technologie beinhaltet und verweisen darauf, dass das tip die Herausforderungen des Technologiemechanismus zum Fokus haben solle. Die Verhandlungen werden in Bonn und auf der nächsten COP in Belem, Brasilien fortgesetzt werden.
5. Ausblick
Interessant wird in den kommenden Monaten vor allem die neue Runde für die NDCs, die sogenannten NDC 3.0, werden. Bis Februar 2025 sind alle Länder dazu aufgefordert, ihre neuen nationalen Klimaambitionen unter UNFCCC einzureichen, und damit ihren Beitrag zum internationalen Klimaschutz handfest und nachverfolgbar zu machen. Vorreiter diesbezüglich sind UK, die Vereinigten Arabischen Emirate und Brasilien als zukünftige COP-Präsidentschaft. Es bleibt zu hoffen, dass neben all den Versprechen und Zusagen, Tatsachen auf lokaler Ebene geschaffen werden, die vielleicht lauter sprechen als manch Verhandlungstext.